Stuttgart, August 2020 – Der menschliche Körper ist ständig von Bakterien, Viren und Pilzen umgeben. Viele davon würden sich ungehindert in unserem Körper vermehren, gäbe es nicht das Immunsystem. Dieses körpereigene Abwehrsystem setzt sich gegen schädliche Eindringlinge zur Wehr und schützt vor Infektionen. Ist das Immunsystem intakt, kann es schwere Krankheitsverläufe verhindern. Fehl- und Mangelernährung können sich jedoch negativ auf diese Immunfunktion auswirken.
Wie auch bei anderen Körpersystemen, ist das Immunsystem von einer ausreichenden Nährstoffversorgung abhängig, um richtig zu funktionieren. Ein „aktiviertes“ Immunsystem während einer Infektion steigert nicht nur den Energiebedarf, sondern stellt auch besondere Anforderungen an den Nährstoffhaushalt. Einige Mikronährstoffe und Nahrungsbestandteile spielen eine sehr spezifische Rolle bei der Entwicklung und Aufrechterhaltung einer wirksamen Immunabwehr [1]. Aber auch ein hohes Lebensalter und Vorerkrankungen können die Immunfunktion beeinträchtigen.
Verschiedene Nährstoffe spielen eine wichtige Rolle für das Immunsystem: Die Vitamine D, C und E, Omega-3-Fettsäuren sowie die Spurenelemente Zink und Selen modulieren die Immunantwort.
Die Rolle von Vitamin D und E für das Immunsystem
Vitamin D stärkt das angeborene Immunsystem, welches für die Primärabwehr von Krankheitserregern zuständig ist. Zudem scheint es entzündungshemmend zu wirken [2]. Vitamin D wird in erster Linie über die körpereigene Synthese in der Haut mithilfe der UV-B-Strahlung der Sonne gebildet („Sonnenvitamin“). In hiesigen Breiten ist die Strahlungsintensität der Sonne zwischen Oktober und März jedoch meist zu gering, um eine ausreichende Bildung von Vitamin D sicherzustellen [3].
Studien zeigen, dass mit Vitamin-D-Supplementierung das Risiko für die Entwicklung von Atemwegsinfektionen reduziert werden kann. Vor allem Patienten mit einem Vitamin-D-Mangel profitieren dann von der Supplementierung [4].
Auch Vitamin E aus natürlichen Quellen unterstützt Immunfunktionen. Es ist ein wirkungsvolles Antioxidans und schützt die Körperzellen vor Schädigungen durch freie Radikale. Sowohl in Tiermodellen als auch in Studien am Menschen ließ sich nachweisen, dass Vitamin E die Immunreaktion gegen pathogene Erreger unterstützen kann [5].
Omega-3-Fettsäuren zur Stärkung des Immunsystems
Die mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren haben gleich mehrere positive Wirkungen auf die Gesundheit: Neben Augen, Gehirn und Herz-Kreislauf-System profitiert auch das Immunsystem von den wertvollen Fetten. Bei der Immunabwehr liefern Omega-3-Fettsäuren die Grundbausteine für entzündungsauflösende Substanzen – die Resolvine [6]. Die mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind vor allem in fettem Fisch wie Hering, Makrele und Lachs enthalten.
Wichtige Mineralstoffe und Spurenelemente für die Immunfunktion
Der Zinkstatus beeinflusst das gesamte Immunsystem. Ein Zinkmangel kann auf Dauer zur Entwicklung von Allergien führen, den oxidativen Stress erhöhen und die Bildung von Entzündungsmediatoren steigern. Oxidativer Stress und chronische Entzündungen können bei vielen chronischen Krankheiten, einschließlich Atherosklerose, neurologischen Störungen und Autoimmunerkrankungen, eine wichtige ursächliche Rolle spielen [7,8].
Auch das Spurenelement Selen ist bedeutend für das Immunsystem. Niedrige Selenspiegel im Blut reduzieren die Immunzellaktivität. Dadurch können Entzündungen bei Selenmangel einen schwereren Verlauf nehmen. Außerdem wird angenommen, dass ein niedriger Selenstatus mit einer verminderten Immunfunktion bei älteren Personen zusammenhängt [9].
Unterernährung, hohes Alter und Immundefizite
Das Risiko für Ernährungsdefizite und eine unzureichende Mikronährstoffversorgung steigt mit zunehmendem Alter deutlich. Dabei stellt der sinkende Energiebedarf im Alter bei gleichbleibendem Mikronährstoffbedarf eine besondere Herausforderung dar. Faktoren wie Behinderungen, körperliche und geistige Erkrankungen, Appetitlosigkeit, eine schlechte Lebensmittelauswahl und ein niedriger sozioökonomischer Status, begünstigen Mangelernährung und Mikronährstoffdefizite. Die Kompensation solcher Defizite wirkt sich günstig auf die Immunfunktion aus und können dazu beitragen, die Abwehrfunktion und damit die Widerstandsfähigkeit gegen Infektionen zu erhöhen [10].
Bei gesunden Menschen lässt sich eine ausreichende Versorgung mit den oben genannten Nährstoffen über eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung sicherstellen. Ältere Personen und Menschen mit einem geschwächten Immunsystem, beispielsweise AIDS-Patienten, stellen jedoch eine Risikogruppe für häufige Infektionen und schwerere Krankheitsverläufe dar. Bei ihnen kann eine ausreichende Mikronährstoffversorgung durch eine Supplementation ausgewählter Nährstoffe sichergestellt und das Immunsystem dadurch gestärkt werden.
Lesen Sie mehr zur Rolle des Mikronährstoffstatus für ein gut funktionierendes Immunsystem in unserem Experteninterview mit Prof. Dr. Eggersdorfer.
[1] Childs CE, Calder PC, Miles EA. Diet and Immune Function. Nutrients. 2019;11(8):1933. Published 2019 Aug 16. doi:10.3390/nu11081933
[2] Sassi F, Tamone C, D’Amelio P. Vitamin D: Nutrient, Hormone, and Immunomodulator. Nutrients. 2018;10(11):1656. Published 2018 Nov 3. doi:10.3390/nu10111656
[3] Robert Koch Institut. Antworten des Robert Koch-Instituts auf häufig gestellte Fragen zu Vitamin D, unter: https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Vitamin_D/Vitamin_D_FAQ-Liste.html (abgerufen am 09.05.2020)
[4] Martineau AR, Jolliffe DA, Hooper RL, et al. Vitamin D supplementation to prevent acute respiratory tract infections: systematic review and meta-analysis of individual participant data. BMJ. 2017;356:i6583. Published 2017 Feb 15. doi:10.1136/bmj.i6583
[5] Lee GY, Han SN. The Role of Vitamin E in Immunity. Nutrients. 2018;10(11):1614. Published 2018 Nov 1. doi:10.3390/nu10111614
[6] Werz, O., Gerstmeier, J., Libreros, S. et al. Human macrophages differentially produce specific resolvin or leukotriene signals that depend on bacterial pathogenicity. Nat Commun 9, 59 (2018). https://doi.org/10.1038/s41467-017-02538-5
[7] Wessels I, Maywald M, Rink L. Zinc as a Gatekeeper of Immune Function. Nutrients. 2017;9(12):1286. Published 2017 Nov 25. doi:10.3390/nu9121286
[8] Prasad AS. Impact of the discovery of human zinc deficiency on health. J Am Coll Nutr. 2009;28(3):257-265. doi:10.1080/07315724.2009.10719780
[9] Avery JC, Hoffmann PR. Selenium, Selenoproteins, and Immunity. Nutrients. 2018;10(9):1203. Published 2018 Sep 1. doi:10.3390/nu10091203
[10] Wu D, Lewis ED, Pae M, Meydani SN. Nutritional Modulation of Immune Function: Analysis of Evidence, Mechanisms, and Clinical Relevance. Front Immunol. 2019;9:3160. Published 2019 Jan 15. doi:10.3389/fimmu.2018.03160