Die jüngste Übersicht von Bjelakovic und Kollegen gründet auf deren Cochrane-Studie von 2012 und kommt zu dem Ergebnis, dass die Einnahme von mehr als 9,6 mg Beta-Carotin und mehr als 15 mg Vitamin E täglich das Sterblichkeitsrisiko signifikant erhöht. Diese Werte entsprechen den offiziell empfohlenen RDA-Werten (Recommended Daily Allowance).
Die Metaanalyse weist jedoch eine Reihe methodischer Ungereimtheiten auf.
Es werden insgesamt 53 Studien mit zusammen mehr als 240.000 Teilnehmern ausgewertet, allerdings ist die Datengrundlage hochgradig inhomogen und somit bestenfalls mit deutlichen Einschränkungen verwertbar:
- Grundsätzlich wird nicht berücksichtigt, wie sich Antioxidantien auf die Mortalität in Bevölkerungsgruppen mit spezifischen Mikronährstoffbedürfnissen auswirken. Weder Ernährungsstatus, etwaige Diäten noch sonstige Lebensumstände sind erfasst.
- Das Alter der Patienten variiert zwischen 18 und 103 Jahren. Es liegt auf der Hand, dass die Frage nach dem allgemeinen Gesundheitsstatus mit zunehmendem Alter eine größere Rolle spielt, sowohl für die Mortalität als auch für den individuellen Bedarf an Vitaminen. Die Metaanalyse geht darauf nicht ein.
- In den zugrundeliegenden Studien geht es um Patienten, die unter anderem an gastrointestinalen, Herz-Kreislauf-, neurologischen, Haut- und rheumatoiden Erkrankungen litten. Die Autoren der Metaanalyse ziehen die Daten all dieser Patienten unterschiedslos zum Vergleich heran.
- Ebenso wenig wird differenziert, ob Antioxidantien untereinander kombiniert oder einzeln eingenommen wurden. Es wird auch nicht zwischen beliebigen Kombinationen mit Vitaminen und Spurenelementen unterschieden.
- Die Dosierungen der Antioxidantien variieren extrem; beispielsweise wurde in einer Studie Vitamin E in 500-facher Dosis des niedrigsten Wertes einer anderen Studie verabreicht.
- Ähnlich verhält es sich mit der Supplementierungsdauer – diese reicht von einem einzigen Tag (!) bis zu 12 Jahren.
Fazit: Metaanalysen sind grundsätzlich wichtig und erkenntnisbringend, um übergreifende Tendenzen in der Vielzahl bestehender Studien sichtbar zu machen. Allerdings zwingt die meist hohe Heterogenität der einzelnen Studiendesigns die Wissenschaftler auch – wie im vorliegenden Fall –, „Äpfel mit Birnen“ zu vergleichen. So liefern Metaanalysen allenfalls einen Fingerzeig und sollten dementsprechend vorsichtig bewertet werden.
* Bjelakovic G et al.; Meta-Regression Analysis, Meta Analysis, and Trial Sequential Analysis of the Effects of Supplementation with Beta-Carotin, Vitamin A, and Vitamin E Singly or in Different Combinations on All-Course Mortality: Do We Have Evidence for Lack of Harm? PLOS ONE, September 2013, Volume 8, Issue 9, e74558