Obwohl die moderne Medizin die Gefahren einer Erkältung eingedämmt hat, kann sie nach wie vor nicht verhindern, dass Erkältungen auftreten und uns bisweilen mehrere Tage außer Gefecht setzen. Immer noch sind Erkältungsinfekte die häufigste Erkrankung überhaupt, Erwachsene erwischen sie durchschnittlich zwei- bis dreimal im Jahr. Dabei verliert nicht nur das eigene Immunsystem, sondern auch Arbeitgeber und Volkswirtschaft: Pro Erkältungsinfekt werden gemittelt 5,4 Arbeitsausfalltage verbucht1.
Das ist aber auch eine gute Nachricht, denn letztendlich verdeutlicht diese Zahl, dass unser Immunsystem dem Körper in den meisten Fällen trotz einer anfänglichen Niederlage nach rund einer Woche wieder zur Gesundheit verholfen hat. Es ist ein komplexer, lebensnotwendiger Abwehrmechanismus, mit dem es uns gelingt, Pathogene, also krankheitsverursachende Mikroorganismen wie Bakterien, Viren, Pilze oder Parasiten, unschädlich zu machen. Und bei beiden Armen des Immunsystems – zum einen bei der unspezifischen (angeborenen) und zum anderen bei der spezifischen (erworbenen) Immunabwehr – spielen Mikronährstoffe wie Vitamine oder Mineralien eine wichtige Rolle. Da liegt die Frage nahe: Führt ein Mangel an diesen Substanzen zu einem höheren Infektionsrisiko? Oder anders: Kann ich mit einer entsprechenden Kost beziehungsweise mit geeigneten Nahrungsergänzungsmitteln die nächste Erkältung vermeiden?
Vitamin C unterstützt Killerzellen
Diese Fragen hat sich natürlich auch schon die Wissenschaft gestellt. Ein Ergebnis ist: Es gibt keine eindeutige Antwort! Ohne Zweifel sind (neben anderen) die Vitamine A, B6, C, D, E sowie die Mineralien Zink und Selen für einen leistungsfähigen immunologischen Schutz unverzichtbar, aber ein eindeutiges „Anti-Erkältungs-Vitamin“ hat sich der Forschung bisher noch nicht erschlossen. Am ehesten hat man dies dem „Klassiker“ Vitamin C zugetraut. Es wird von verschiedenen Zelltypen der Immunabwehr gespeichert, unterstützt die Funktion der Phagozyten (sie „fressen“ schädliche Mikroorganismen) und der T-Lymphozyten (den „Killerzellen“ des Immunsystems). Zwar zeigen Meta-Analysen, dass Vitamin-C-Gaben die Ausbildung von Atemwegsinfekten nicht prinzipiell verhindern2, jedoch scheint eine regelmäßige, hoch dosierte Vitamin-C-Zufuhr die Dauer und Stärke der Erkältungssymptome geringfügig verringern zu können3. Unter belastenden äußerlichen Faktoren wie bei Leistungssport oder extremer Kälte kann eine zusätzliche, nahrungsergänzende Vitamin-C-Gabe das Erkältungsrisiko um mehr als 50 Prozent senken3. Bei starkem körperlichem Stress kommt diesem Vitamin also eine besondere Schutzfunktion zu. Die Nationale Verzehrsstudie II zeigt, dass etwa ein Drittel der Männer und Frauen die empfohlene tägliche Zufuhr nicht erreicht4.
Zink und Selen auf der Spur
Auch ein Spurenelement hat das Interesse der immunologischen Forschung geweckt: Zink – es wird unter anderem für die Reifung eben jener „Killerzellen“ benötigt, die schädliche Viren und Bakterien angreifen und so bei der Infektionsbekämpfung helfen. Wie Vitamin C weist auch Zink antioxidative Eigenschaften auf. Zink steigert also die Aktivität bestimmter Immunzellen und hat eine entzündungshemmende Wirkung. Hilft das Mineral letztendlich bei Erkältungsinfektionen? Dafür spricht eine Meta-Studie5: Die Dauer der Erkältung war signifikant um einen Tag verkürzt, wenn die Patienten innerhalb von 24 Stunden nach den ersten Symptomen mit der Einnahme von Zink begonnen hatten.
Zink ist nicht das einzige Spurenelement, dem man eine immunstärkende Wirkung zuschreibt. Selen wird in eine Vielzahl biologisch aktiver Proteine integriert und unterstützt die Aktivität von Phagozyten und Killerzellen. Das Mineral ist unverzichtbar für den effektiven Funktionsablauf der Immunabwehr. Inwieweit eine zusätzliche Selen-Zufuhr den Verlauf einer Erkältungsinfektion beeinflusst, ist noch Gegenstand der aktuellen Forschung.
Vitamin D – ein echter Verbündeter
Darüber hinaus gibt Vitamin D der Hoffnung für eine effektive Vermeidung beziehungsweise Bekämpfung einer Erkältung neue Nahrung. Längst ist die bedeutende Funktion des Vitamin D für den Kalzium- und Phosphorhaushalt und damit für die Knochengesundheit bekannt. Recht neu ist die Erkenntnis, dass das „Sonnenvitamin“ auch maßgeblich zur Funktion des Immunsystems beiträgt. Man weiß heute, dass Vitamin D Einfluss auf verschiedene Eigenschaften des spezifischen wie auch unspezifischen Immunsystems nimmt. Mangelt es an Vitamin D, werden Killerzellen nicht aktiviert und die Erreger können nur eingeschränkt bekämpft werden.
Klinische wie auch epidemiologische Studien haben einen Zusammenhang zwischen Infektneigung und Vitamin-D-Status bestätigt6,7. Ein Fazit: Wer nur eine geringe Konzentration von Vitamin D im Blut hat, bekommt leichter eine Erkältung. Nach einer Untersuchung, in der die Daten von rund 19.000 Menschen ausgewertet worden sind, war das Erkältungsrisiko bei Personen mit sehr geringer Vitamin-D-Konzentration um 40 Prozent höher als bei Personen mit sehr hoher Konzentration6. Dieses Ergebnis bekommt eine besondere Relevanz, wenn man bedenkt, dass die meisten Bundesbürger zu wenig Vitamin D im Blut haben. Nach der Nationalen Verzehrsstudie II erreichen 82 Prozent der Männer und 91 Prozent der Frauen die in der Vergangenheit empfohlene tägliche Vitamin-D-Zufuhr von 5 Mikrogramm nicht4. 2012 hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) den Referenzwert sogar noch deutlich erhöht und empfiehlt nun eine tägliche Vitamin-D-Zufuhr von 20 Mikrogramm.
Vieles deutet darauf hin, dass man durch eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung das Risiko für eine Erkältungsinfektion reduzieren kann. Man erreicht dies durch eine entsprechende Ernährung, durch Nahrungsergänzungsmittel und durch ausreichend Sonnenlicht – an Letzterem mangelt es in der Erkältungszeit in unseren Breiten allerdings besonders.
Gezielt die körpereigene Verteidigung stärken
Die körpereigene Abwehr kann durch eine gesunde Lebensführung, eine ausgewogene Ernährung und gegebenenfalls durch die Einnahme von immunstärkenden Nahrungsergänzungsmitteln unterstützt werden. Dies gilt umso mehr für diejenigen, deren Abwehr durch ein stressbelastetes Leben geschwächt ist. Im Winter, der Hochsaison für Erkältungen, heißt es, besonders auf der Hut zu sein und beispielsweise Schmierinfektionen durch häufigeres Händewaschen vorzubeugen. Besondere Vorsicht ist beim Bus- und Bahnfahren angebracht: In öffentlichen Verkehrsmitteln ist die Ansteckungsgefahr für Atemwegserkrankungen um das Sechsfache erhöht8. Allerdings hat man weniger Stress, weil die Parkplatzsuche entfällt.
Quellen:
1) Techniker Krankenkasse; Gesundheitsreport 2011 – Veröffentlichungen zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement der TK, Band 26, 2011
2) Douglas RM et al.; Vitamin C for preventing and treating the common cold, Cochrane Database Syst Rev, 2007
3) Hämilä H, Chalker E; Vitamin C for preventing and treating the common cold, Cochrane Database Syst Rev, 2013
4) Max Rubner-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel. Nationale Verzehrsstudie II, 2008
5) The Cochrane Library, Issue 6 online, 2013
6) Ginde AA et al.; Association between serum 25-hydroxyvitamin D level and upper respiratory tract infection in the Third National Health and Nutrition Examination Survey, Arch Intern Med 169: 384 – 90, 2009
7) Laaksi I; Vitamin D and respiratory infection in adults, Proc Nutr Soc 25: 1 – 8, 2011
8) Troko J et al.; Is public transport a risk factor for acute respiratory infection? BMC Infec Dis 11: 16, 2011