Einer US-amerikanischen Studie1 zufolge soll die Einnahme von Omega-3-Fettsäuren, wie sie in fettem Seefisch vorkommen, bei Männern das Risiko für die Entstehung von Prostatakrebs erhöhen können. Infolgedessen sei davon abzuraten, Fischölsupplemente einzunehmen. Die Gesellschaft zur Information über Mikronährstoffe und Ernährung e.V., GIVE, weist auf die methodischen Einschränkungen der Studie hin und hält deshalb eine differenzierte Betrachtung im Kontext anderer Studien zu Omega-3-Fettsäuren für sinnvoll.
- Zum einen entsprach es nicht der Fragestellung, den Zusammenhang zwischen Omega-3- Fettsäuren und Prostatakrebs zu untersuchen. Es gehört aber zu den Grundvoraussetzungen einer wissenschaftlichen Studie, fundierte Antworten nur auf entsprechende Fragestellungen zu geben oder zu verifizieren. Von der Ausgangsfrage und damit der Zielrichtung einer Untersuchung hängt schließlich die gesamte Methodik und das für eine schlüssige Begründung erforderliche Vorgehen ab. Der Brasky-Studie lag jedoch eine ganz andere Fragestellung zugrunde, die eine Aussage zum Prostatakrebsrisiko nicht einschließt.
- Die Untersuchung beruht auf einer sehr eingeschränkten Datengrundlage: Alle Patienten waren älter als 55 Jahre, somit können die Aussagen der Studie nur für Männer dieser Altersgruppe diskutiert werden. Fettsäuren wurden aus Blutproben bestimmt, die vor Beginn des Überwachungszeitraumes und dann in jährlichen Abständen entnommen wurden; dabei wurden keine absoluten individuellen Serumwerte unterschieden nach EPA und DHA, von deren Verhältnis gesundheitliche Wirkungen wesentlich abhängen. In dieser Untersuchung wurden die Omega-3-Fettsäuren anhand der Phospholipide im Plasma bestimmt. Diese Methode eignet sich allerdings nicht dazu, Langzeitwerte zu erfassen, da sie nur eine Momentaufnahme darstellt, die bereits durch eine einzige Mahlzeit massiv beeinflusst werden kann. So kann schon eine einzelne Dosis Fischölkapseln die entsprechenden Omega-3- Fettsäurewerte innerhalb weniger Stunden um bis zu 100 Prozent steigern.
- Es wurde nicht erfasst, ob, wie viel, wie oft und welcher Art Fisch oder Fischölsupplemente die Patienten zu sich genommen hatten. Anhand von Fragebögen waren nur Alter, Ethnie, Alkoholund Tabakkonsum, Diabetesstatus und Prostatakrebsfälle in der Familie ermittelt worden.
Grundsätzlich widersprechen die Schlussfolgerungen der fraglichen Untersuchung einer Fülle von Studien, die positive Auswirkungen von Omega-3-Fettsäuren belegen.
Beispielsweise hat eine Untersuchung mit mehr als 6.000 schwedischen Männern über einen Zeitraum von 30 Jahren gezeigt, dass Teilnehmer, die auf Fisch verzichteten, ein zwei bis dreimal höheres Risiko für Prostatakrebs hatten, als andere, die ausgesprochen viel Fisch verzehrten.2
Auch die positiven Effekte auf die Blutfettwerte, auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bei Schwangeren sind vielfach belegt, ebenso wie auf kognitive Fähigkeiten und gegen die Entwicklung von Demenz. Eine dänische Studie mit mehr als 49.000 Schwangeren im Alter bis 49 Jahren hat ergeben, dass das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen für Fisch verschmähende Frauen dreimal höher ist, als für diejenigen, die regelmäßig Fisch verzehren.3
Quellen:
1) Brasky TM et al.; Plasma Phospholipid Fatty Acids and Prostate Cancer Risk in the SELECT Trial, Published ahead of print in Journal of the National Cancer Institute, July 10, 2013
2) Terry P et al.; Fatty fish consumption and risk of prostate cancer. Lancet. 2001; 357: 1764-1766
3) Strøm M et al.; Fish, n-3 Fatty Acids, and Cardiovascular Diseases in Women of Reproductive Age: A Prospective Study in a Large National Cohort. Hypertension, 2011; doi: 10.1161/HYPERTENSIONAHA.111.179382