Chronische Entzündungen wie rheumatische Erkrankungen und die daraus resultierenden Schmerzen können Leistungsfähigkeit und Lebensqualität der Betroffenen stark einschränken. Deshalb müssen bei diesen Patienten zugleich Entzündung und Schmerzen mit mehr oder weniger stark wirksamen Medikamenten bekämpft werden. Auf Grund ihrer sowohl entzündungshemmenden als auch schmerzlindernden Wirkung werden in vielen Fällen sogenannte nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) eingesetzt. Zu dieser Arzneimittelgruppe zählen unter anderem so bekannte Wirkstoffe wie Acetysalicylsäure, Diclofenac und Ibuprofen. Auch wenn sie in vielen Fällen gut verträglich sind, kann man gerade bei längerer Einnahme dieser Medikamente unerwünschte Wirkungen nicht ausschließen. Ein gezielter auf die Beschwerden abgestimmter Einsatz ist daher oberstes Gebot, um die optimale Balance aus Nutzen und Risiko zu erzielen.
Charakteristisch für eine Entzündung sind Schmerz, Schwellung und Überwärmung. Die Ursachen für eine Entzündung sind vielfältig. Rheumatische Erkrankungen gehören zu den Autoimmunerkrankungen, bei denen sich das Immunsystem gegen körpereigene Strukturen richtet und diese als fremd erkennt. Zu einer Entzündung kommt es, wenn das Antigen bestimmte zurImmunabwehr gehörende Zellen des Körpers, die monozytären Zellen (Makrophagen, dendritische Zellen) aktiviert. Die monozytären Zellen versuchen, das auslösende Antigen aus dem Körper zu entfernen, was aber bei rheumatischen Erkrankungen ohne Erfolg bleibt. Somit kommt es zu einer dauerhaften chronischen Entzündung, die wiederum den Schmerz verursacht. Das fortwährende Bestehen des Antigens hat zur Folge, dass das Immunsystem dauernd stimuliert bleibt und eine überschießende Menge an Entzündungsmediatoren (Eicosanoide, Cytokine und Chemokine) gebildet wird. Diese Mediatoren bewirken sowohl die lokale Entzündung wie auch den Schmerz.
Eine wichtige Rolle spielen dabei freie Radikale: Das auslösende Antigen verletzt die Zellmembran der Immunzellen, was die Freisetzung von Sauerstoffradikalen (Reactive Oxygen Species (ROS)) zur Folge hat. Diese ROS aktivieren bestimmte Enzyme, zu denen die Phospholipase A2 sowie die Lip- und Cyclooxygenase gehören. Das durch ROS aktivierte Enzym Phospholipase A2 löst eine mehrfach ungesättigte Fettsäure (Arachidonsäure) aus der Zellmembran der Immunzellen. Die ebenfalls durch ROS aktivierten Enzyme Lip- und Cyclooxigenase wandeln die Arachidonsäure in Botenstoffe (Eicosanoide) um, die wiederum die Entzündung und den Schmerz im angegriffenen Gewebe auslösen. Diese Enzyme sind die eigentlichen Angriffspunkte der NSAR und werden durch sie gehemmt – ebenso wie durch mehrfach ungesättigte Fettsäuren und Antioxidantien.
Antioxidantien wie die Vitamine A, C und E können ROS binden, werden aber dadurch oxidiert und somit inaktiviert. Ein einzelnes Antioxidans ist wenig wirksam, und nur das abgestimmte Zusammenspiel mehrerer Antioxidantien im biochemischen Prozess kann die Entgiftung der ROS bewirken
Vitamine E und C
Dem entzündungshemmenden Vitamin E kommt dabei besondere Bedeutung zu: Eine ROS trifft immer zuerst auf das Vitamin E, das als einziges fettlösliches Antioxidans in der Zellmembran steckt. Etwa 100 mehrfach ungesättigte Fettsäuren werden in der Zellmembran von einem Molekül Vitamin E vor der Oxidation geschützt.
Die enorm gesteigerte Produktion von ROS bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen legt den Gedanken nahe, dass Antioxidantien die Oxidation der Arachidonsäure und damit das Entstehen der Entzündung auslösenden Eicosanoide vermindern und das Krankheitsgeschehen mildern könnten. Studien an Patienten mit degenerativen Gelenkveränderungen (aktvierte Arthrosen) lieferten, verglichen mit den Studien an Patienten mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen, bessere Ergebnis1,2,3,4. Bei aktvierten Arthrosen konnte in einigen Studien ein Einspareffekt durch sehr hoch dosiertes Vitamin E (bis zu 12.000 mg/Tag) erzielt werden. Dies übersteigt allerdings den durch die normale Ernährung zu deckenden Tagesbedarf um den Faktor 1.000 und kann daher nicht mehr als nutritive sondern muss als pharmakologische Dosis betrachtet werden. In anderen Studien konnte gezeigt werden, dass die Konzentration des Vitamin E im Blut von Patienten mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen gegenüber den Werten gesunder Kontrollpersonen erniedrigt ist5. Epidemiologische Studien haben zudem gezeigt, dass Personen mit niedrigem Vitamin-E-Plasmaspiegel häufiger an einer rheumatischen Gelenkentzündung erkranken als Personen mit ausreichender Versorgung
Zink
Für die optimale Funktion des Immunsystems ist eine gute Versorgung mit Zink unentbehrlich. Ein Zinkmangel ist mit einem Rückgang vieler Funktionen des Immunsystems verbunden. So kann eine Abnahme der T-Helferzellen und auch eine Atrophie der Thymusdrüse beobachtet werden. Ebenso werden Zellvermittelte und auch Antikörper-vermittelte Immunreaktionen vermindert. Die Produktion von Zytokinen durch mononukleare Zellen ist auch durch einen Zinkmangel verringert. Ein Zinkmangel Ermacht daher den Körper anfälliger für Infektionen, während durch eine Zink- Supplementierung die Immunantwort auf bakterielle und virale Infektionen verbessert wird.
Darüber hinaus unterstützt Zink auch das antioxidative Abwehrsystem des menschlichen Körpers. Es kann z. B. an schwefelhaltigen Aminosäuren, Thiolgruppen von Proteinen binden, und sie so weniger anfällig für Oxidation machen. Durch Verdrängung von oxidationsreaktiven Metallen wie Eisen und Kupfer aus Proteinen und Lipiden kann es Bildung von Hydroxyl-Radikalen reduzieren und über diesen Prozess die Makromoleküle schützen. Zink induziert die Bildung von Metallothionein und steigert die Aktivität des Enzyms Katalase, die beide reaktive Sauerstoffspezies (ROS) abfangen können. Zink ist außerdem ein Kofaktor des für die antioxidatve Abwehr sehr wichtigen Enzyms Kupfer/Zink-Superoxiddismutase.6
Selen
Vor allem durch seinen Einbau in die Selenoproteine spielt Selen eine wichtige Rolle im Rahmen von Entzündung und Immunität. Eine ausreichende Selen Versorgung ist wichtig für die grundlegenden Immunfunktionen aber auch in der Regulierung von übermäßigen Immunreaktionen und chronischen Entzündungen. Es ist seit langem bekannt, dass ein Selen-Mangel negative Auswirkungen auf die Immunzellen während der Aktivierung, Differenzierung und Proliferation haben kann. Dies steht im Zusammenhang mit erhöhtem oxidativem Stress, aber zusätzliche Funktionen wie Proteinfaltung und Calcium Fluss in Immunzellen unter Selen defi zienten Bedingungen können auch beeinträchtigt sein.7,8
Vitamin D
Vitamin D ist in erster Linie über seine wichtige Rolle im Knochenstoffwechsel bekannt. Gerade in den letzten Jahren mehren sich die Informationen, dass Vitamin D außerdem eine sehr wichtige Rolle für die adäquate Funktion des Immunsystems hat und auch Entzündungsprozesse beeinflussen kann. So wurde ein Vitamin-D-Rezeptor (VDR) in peripheren mononukleären Zellen und auch auf T-Helfer-Zellen identifiziert. 1,25 (OH) 2D verringert die Entzündungsreaktion von Th1-Zellen unterdrückt die Antigenpräsentation durch dendritische Zellen, unterdrückt die Proliferation und Immunglobulin-Produktion und hemmt die Differenzierung von B-Zell-Vorläufern in Plasmazellen. Damit hat es eine hemmende Wirkung auf das adaptive Immunsystem. 1,25 (OH) 2D erhöht die Bildung von Cathelicidin (LL- 37), einem antimikrobiellen Peptid des Immunsystems, das unter anderem sehr wichtig für die Bekämpfung einer Tuberkulose- Erkrankung ist. Darüber hinaus wird diskutiert, ob eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D auch bei anderen entzündlichen Erkrankungen wie zum Beispiel Psoriasis, Morbus Crohn, Ekzemen, Wundheilungsstörungen helfen könnte.9
Omega-3-Fettsäuren
Die in Fischölen enthaltenen mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren können sehr hilfreich bei Entzündungen eingesetzt werden, da sie die Enzyme Lip- und Cyclooxigenase hemmen. Diese Enzyme wandeln die Arachidonsäure in Eicosanoide um, die Entzündungen und Schmerzen auslösen. Auch die häufig verwendeten nicht-steroidalen antirheumatischen Schmerzmittel (NSAR) wie ASS, Diclofenac, Ibuprofen usw. setzen an dieser Stelle an. Omega-3-Fettsäuren wirken kompetitiv, d. h. durch Verdrängung der Arachidonsäure. Deshalb fehlen den Fischölen die unerwünschten Wirkungen der NSAR. Werden vermehrt Fischölfettsäuren zugeführt, so wird Arachidonsäure von den Enzymen verdrängt und die Bildung der Eicosanoide vermindert. In der Folge gehen Entzündung und Schmerzen zurück10, und Schmerzmittel können eingespart werden. Im Gegensatz zu den COX-Hemmern blockieren sie auch die Lipoxigenase und vermindern dadurch die Schwellung und die Überwärmung der Gelenke bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen.
In einer Metastudie benötigten Patienten, die über mindestens drei Monate hinweg Omega-3-Fettsäuren einnahmen, weniger NSAR-Schmerzmittel als Patienten der Kontrollgruppe, die auf diese Fettsäuren verzichteten11. Weiteren Studien zufolge entfaltet sich die schmerzmindernde Wirkung der Omega-3-Fettsäuren in vollem Umfang erst nach mehreren Monaten. Damit sind sie wenig für die Behandlung akuter Beschwerden geeignet.
Quellen:
1) Beer AM, Wegener T; Vitamin E for gonarthrosis and coxarthrosis – results of a postmarketing surveillance study; MMW Fortschr Med. 2011 Mar 31; 153 Suppl 1: 14-20
2) Hegde B et al.; Vitamin E is a MIF inhibitor; Biochem Biophys Rs Commun. 2012 Jan 18
3) Besse JL et al.; Effect of vitamin C on prevention of complex regional pain syndrome type I in foot and ankle surgery; Foot Ankle Surg. 2009; 15(4): 179-82
4) Chen JY, Chang CY, Feng PH et al.; Plasma vitamin C is lower in postherpetic neuralgia patients and administration of vitamin C reduces spontaneous pain but not brush-evoked pain. Clin J Pain. 2009 Sep; 25(7): 562-9
5) Bae SC et al.; Inadequate antioxidant nutrition intake and altered plasma antioxidant status of rheumatoid arthritis patients; J. Am. Coll. Nutr. 2003; 22(4): 311-315
6) Prasad AS; Zinc: role in immunity, oxidative stress and chronic inflammation Curr.Opin.Clin.Nutr.Metab. Care. 2009; 12(6): 646-52
7) Duntas LH; Selenium and Inflammation: Underlying Anti-inflammatory Mechanisms. Horm Metab Res 2009; 41: 443-447
8) Zhi Huang et al.; The Role of Selenium in Inflammation and Immunity: From Molecular Mechanisms to Therapeutic Opportunities. Antioxidants & Redox Signaling. 2012,16(7): 705-742
9) Schwalfenberg GK; A review of the critical role of vitamin D in the functioning of the immune system and the clinical implications of vitamin D deficiency. Mol. Nutr. Food Res. 2011, 55: 96-108
10) Calder PC; Dietary modification of inflammation with lipids. Proceedings of the Nutrition Society. 2002; 61: 345-358
11) Lee YB et al.; “Omega-3 Polyunsaturated Fatty Acids and the Treatment of Rheumatoid Arthritis.” Archives of Medical Research. 2012 Jul; 43(5): 356-62