Magnesium: Essentiell und mit universeller Bedeutung
Magnesium ist ein essentieller Mineralstoff: In unserem Körper kann keine lebende Zelle ihre vielfältigen Funktionen ohne Magnesium erfüllen. So sind allein über 300 Stoffwechsel- und ohne Ausnahme alle energieabhängigen physiologischen Prozesse unmittelbar von dem Ion abhängig. Dazu zählen nicht nur Muskelarbeit, sondern auch die Leistungen unseres Nerven- und Immunsystems, Wachstumsvorgänge und Transportprozesse. Kurz: Ohne Magnesium läuft nichts.
Gleichzeitig ist das Bild in der Medizin nicht so eindeutig. Gerade weil Magnesium universelle Bedeutung hat, sind klar zuordenbare Krankheits-Symptome kaum zu finden. Allerdings verbessert sich die wissenschaftliche Studienlage zur Magnesium-Pathophysiologie ständig: Beispielsweise wird in zunehmendem Umfang die Funktion des Minerals für die Knochenhomöostase erkannt. Aber auch zu Asthma, lärminduziertem Hörverlust und Paradontitis liegen mittlerweile recht vielversprechende Daten vor. Ganz besonders gilt dies aber für Diabetes, Migräne, der Vermeidung von Schwangerschaftskomplikationen und neuromuskuläre Störungen.
Grund genug, dass sich im Sommer 2011 sechs Magnesium-Spezialisten in Pullach bei München auf Einladung der Gesellschaft zur Information über Vitalstoffe und Ernährung e.V. (GIVE) zu einem Erfahrungsaustausch trafen.
Sport: Muskelarbeit bei ausreichender Magnesium-Versorgung ökonomischer
Beim Sport ist Magnesium in erster Linie als Mineral bei Muskelkrämpfen bekannt. Damit ist sein Wirkungsspektrum aber keineswegs ausreichend beschrieben, wie der Biochemiker Dr. Sighart Golf vom Städtischen Klinikum Kassel erläutert: „Studien an Leistungssportlern haben gezeigt, dass sie bei zusätzlicher Magnesium-Aufnahme ihre Ausdauer steigern, sie haben unter anderem einen geringeren Sauerstoff-Bedarf.“ Sein Fazit: „Ein Mensch mit genügend Magnesium kommt mit dem alltäglichen Stress besser zurecht.“ Der Sportmediziner Prof. Dr. Frank C. Mooren, Justus-Liebig-Universität Gießen, drückt dies so aus: „Die Muskelarbeit und der Energiestoffwechsel verlaufen bei ausreichendem Magnesium-Angebot ökonomischer!“ Dabei zeigten allerdings Sportler, die viel trainieren, eine Neigung zu einem Magnesium-Mangel, bedingt durch Verluste beim Schwitzen.
Besonders gefährdet seien Sportler in Schutzkleidung wie Fechter oder auch Athleten in Wettkampfsituationen. „Es scheint egal zu sein, welcher Form von Stress der Körper unterliegt“, so Prof. Mooren. „Ob durch erhöhte Muskelarbeit, Prüfungsangst, Schlafentzug oder Lärm. Tendenziell wird dabei immer vermehrt Magnesium ausgeschieden.“
Alles unter Kontrolle
Im Körper ist das Magnesium sehr ungleich verteilt, etwa 30 bis 40 Prozent befinden sich in den Zellen. Mit rund 60 Prozent ist der Löwenanteil in den Knochen lokalisiert, welche auch als Speicher des Minerals dienen. Nur etwa 1 Prozent sind im Serum enthalten. Eine zentrale Rolle im Magnesium-Haushalt übernimmt die Niere, die die Ausscheidung des Mineralstoffs über den Harn regelt. Bei der Feinjustierung innerhalb der Zelle hilft eine besondere chemische Eigenschaft: „Das positiv geladene Ion ist extrem klein“, erläutert der Biochemiker Sighart Golf. „Es neigt allerdings dazu, sich mit Wasser zu umgeben. Dadurch wird der Radius 400-fach größer.
So dimensionierte Teilchen können nur über spezielle Transportsysteme in das Zellinnere, an ihren spezifischen Wirkort also, gelangen.“ Das bedeutet aber laut Privat-Dozent Dr. Gunter P. Eckert von der Goethe-Universität Frankfurt/Main konsequenterweise auch: „Viel hilft viel gilt bei Magnesium nicht, die Transportsysteme schaffen, was sie schaffen, mehr geht nicht.“
Der Gegenspieler von Magnesium ist bei zahlreichen Stoffwechselprozessen das Calcium. Beide Mineralien aktivieren oder hemmen in gegenseitiger Abhängigkeit zahlreiche Enzymsysteme.
So ist lange bekannt, dass Anspannung und Erschlaffung bei der Arbeit der Muskeln über die Bindung oder Freisetzung der beiden Antagonisten geregelt wird.
Darüber hinaus beeinflussen im gegenseitigen Wechselspiel Magnesium und Calcium viele weitere zentrale Prozesse wie die Signalübertragung in den Nerven, den Energietransfer, den Kohlenhydrat- und Vitaminstoffwechsel, die Stabilisierung der genetischen Informationsträger (DNA, RNA), die Erhaltung der Zellmembranfunktion sowie die Hemmung und Förderung der Blutgerinnung.
Gut für Baby an Bord
Die essentielle Rolle des Magnesiums verdient in der Schwangerschaft besondere Aufmerksamkeit. „Magnesium gehört zu den Mikronährstoffen, bei denen in der Schwangerschaft ein erhöhter Bedarf besteht – nicht nur für die Entwicklung des Fötus, sondern auch durch Gefäßerweiterungen und höhere Flüssigkeitsvolumen im Körper der Mutter“, erklärt Prof. Dr. Ludwig Quaas, Gynäkologe am Evangelischen Diakoniekrankenhaus in Freiburg. In der Stillzeit steigt der Bedarf noch etwa um ein Drittel an, die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt dann eine Aufnahme von 390 Milligramm pro Tag, für Schwangere sind es 310 Milligramm täglich. „Ich rate generell während der Schwangerschaft und während der Stillzeit zu einer Nahrungsergänzung mit Magnesium“, so Prof. Quaas.
Studien zeigen, dass die Supplementierung mit Magnesium vorbeugend gegen Schwangerschaftskomplikationen wirkt.
Dazu zählen unter anderem schmerzhafte Wadenkrämpfe und das Risiko von Frühgeburten.
Gute Nachrichten auch für schwangere Migräne-Patientinnen: „Zusätzliches Magnesium kann die Anzahl von Migräne-Attacken reduzieren, es ist gut verträglich, und seine Anwendung ist während der Schwangerschaft möglich“, so Prof. Dr. Christian Wöber von der Universitätsklinik für Neurologie in Wien.
Mehr Magnesium – weniger „Zucker“
Mit steigendem Alter wird bei Senioren eine schlechte Magnesium-Versorgung beobachtet, auch Übergewicht ist häufig von einer Mangelsituation begleitet. Dabei – und das verdeutlichen die Ergebnisse der klinischen Forschung – kann gerade Magnesium einer der verbreitetsten Zivilisationskrankheiten entgegenwirken: nämlich der Typ-2-Diabetes mit dem damit oft verbundenen metabolischen Syndrom, wie das gefährliche Quartett aus Übergewicht, Bluthochdruck, erhöhten Blutfettwerten und verminderter Insulinwirkung bezeichnet wird.
Magnesium spielt eine Schlüsselrolle im Kohlenhydratstoffwechsel. Das Mineral fördert die Insulinwirkung und die Blutzuckerverwertung und hat zudem einen entzündungshemmenden Effekt.
Dr. Young Hee Lee-Barkey ist Fachärztin für Innere Medizin im Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen:
„Ein Magnesium-Mangel begünstigt die Insulinresistenz. Und das ist ein Risikofaktor für Diabetes, Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Wahrscheinlichkeit, das metabolische Syndrom zu entwickeln, ist umso größer, je niedriger der Magnesium-Spiegel gemessen wird.“ Darin gründet laut Dr. Lee-Barkey aber auch die Chance für eine Vermeidungsstrategie: „Es liegen zahlreiche Studien vor, die die positive Wirkung von Magnesium gegen die Insulinresistenz zeigen. Eine ausreichende Magnesium-Versorgung würde ihr und dem metabolischen Syndrom vorbeugen.
Vielleicht haben wir das bisher klinisch zu wenig beachtet! Ein Mangel sollte durch eine entsprechende Ernährung und Nahrungsergänzungsmittel ausgeglichen werden.“
Mit einem Satz beschreibt Dr. Gunter Eckert zusammenfassend den Konsens der wissenschaftlichen Expertenrunde: „Ein bestehender Magnesium-Mangel ist ein erheblicher Risikofaktor.“