Fragen an Prof. Dr. med. Frank C. Mooren, Abteilung Sportmedizin an der Justus-Liebig-Universität Gießen
Herr Professor Mooren, wie äußert sich ein Muskelkrampf, wodurch ist er gekennzeichnet?
Bei einem Krampf handelt es sich um akutes, unfreiwilliges und mit unter Umständen starken, stichartigen Schmerzen verbundenes Zusammenziehen eines Muskels, der sich dabei verhärtet. Der Krampf kann wenige Sekunden bis mehrere Minuten anhalten, bis er sich wieder löst. Es ist nur begrenzt möglich, darauf Einfluss zu nehmen. Auch Entspannungsübungen haben nicht immer Erfolg.
Welche Muskeln sind denn meistens von Krämpfen betroffen? Gibt es auch typische Zeiten dafür?
Die bekanntesten und häufigsten Krämpfe betreffen die Wadenmuskulatur und treten nachts ein. Es können aber auch andere Muskeln betroffen sein, zum Beispiel am Hals oder an der Schulter.
Wie häufig sind solche Beschwerden?
Man schätzt, dass bis zu vierzig Prozent aller Deutschen gelegentlich unter Krämpfen und Verspannungen leiden, vor allem unter Wadenkrämpfen. Die Neigung dazu steigt mit zunehmendem Alter an. Auch während einer Schwangerschaft und unter dem Einfluss bestimmter Medikamente treten Krämpfe häufiger auf. Man schätzt außerdem, dass bis zur Hälfte aller Sportler (besonders Ausdauersportler) einen relativen Magnesium-Mangel aufweisen, der sich auch mehr oder weniger deutlich bemerkbar macht.
Was passiert genau bei einem Muskel- beziehungsweise Wadenkrampf?
Dem Krampf liegt eine erhöhte Erregbarkeit der den Muskel versorgenden Nervenfasern zugrunde, die zu spontanen Aktivitäten führt. Zunächst sind es nur einzelne Muskelfasern, die sich zusammenziehen, was ein Muskelzittern zur Folge hat. Es wird oftmals kaum wahrgenommen. Wenn es sich verstärkt und immer mehr Fasern beteiligt sind, krampft am Ende der komplette Muskel.
Und wo liegen die Ursachen für Muskel-/Wadenkrämpfe?
Muskelkrämpfe können sehr unterschiedliche Gründe haben. Oft sind sie harmlos, sehr gerne treten die Beschwerden nach körperlicher Überanstrengung auf, insbesondere beim Sport. Krämpfe können aber auch Anzeichen für schwerwiegendere Erkrankungen sein, wie zum Beispiel Polyneuropathien, endokrine Erkrankungen oder Myopathien (Muskelerkrankungen). Krämpfe von Fußsohlen und Waden ohne sportliche Aktivität sind allerdings häufig auch ein Hinweis auf einen Magnesium-Mangel. Dieser ist auch eine mögliche Ursache für nächtliche Beinkrämpfe, weil die Magnesium-Konzentration im Serum tageszeitlichen Schwankungen unterliegt und in der Nacht am niedrigsten ist.
Warum wird eigentlich bei Muskelkrämpfen Magnesium eingesetzt, wie wirkt es?
Es ist an der motorischen Endplatte ein natürlicher Calcium-Antagonist, wo die Erregung der Nervenfaser auf den Muskel übertragen wird. Unter Stress werden die Zellmembranen durchlässiger, und Magnesium wird verstärkt aus der Zelle ausgeschwemmt. Im Gegenzug kommt Calcium hinein. Die erhöhte Calcium-Konzentration hat eine gesteigerte Erregbarkeit zur Folge. Magnesium stabilisiert das Ruhepotential erregbarer Zellen, das heißt von Muskel- und Nervenzellen. Man dosiert bis zu 360 Milligramm pro Tag.
Und wie effizient ist Magnesium bei Muskelkrämpfen?
Es gibt zahlreiche Hinweise auf eine Wirkung bei Muskelkrämpfen, vor allem belegen vielfache Erfahrungen die Wirksamkeit. Die Studienlage ist jedoch leider nicht immer so eindeutig. Das kann verschiedene Gründe haben, wie zum Beispiel die Dauer der Anwendung. Aufgrund der guten Verträglichkeit, insbesondere auch bei Risikogruppen wie beispielsweise Schwangeren, ist ein Therapieversuch aber immer sinnvoll; ernsthafte Nebenwirkungen sind bei guter Nierenfunktion praktisch nicht zu erwarten.