Fragen von Kirsten Rademacher an Prof. Dr. med. Berthold Koletzko von der Kinderklinik der Ludwig-Maximilians-Universität in München
Welche Bedeutung hat DHA für die frühkindliche Entwicklung?
Die mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäure DHA (Docosahexaensäure) ist ein lebensnotwendiger Baustein aller Zellmembranen und fettreicher Gewebe. Schon im Mutterleib beeinflusst DHA die Entwicklung des Nervensystems. Dies setzt sich während der Stillzeit fort. So speichern Gehirn, Nervengewebe und die lichtempfindlichen Zellen der Augen im letzten Schwangerschaftsdrittel und in den ersten Lebensmonaten besonders viel DHA. Damit sich das Kind kognitiv und visuell gut entwickelt, muss es ausreichend mit DHA über die Plazenta und Muttermilch versorgt sein.
In welchen Mengen sollten Schwangere und Stillende DHA aufnehmen? Gibt es offizielle Empfehlungen?
Es gibt eine Empfehlung, deren Entwicklung von der europäischen Kommission unterstützt worden ist. Ihre wichtige Schlussfolgerung ist, dass Frauen in der Schwangerschaft und in der Stillzeit regelmäßig
Omega-3-Fettsäuren zu sich nehmen sollten. Konkret sollte eine durchschnittliche Zufuhr von mindestens 200 Milligramm DHA pro Tag erreicht werden. Diese Empfehlung wurde mittlerweile auch von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) übernommen. Um die erforderliche DHA Menge aufzunehmen, müssten etwa zwei Portionen Meeresfisch in der Woche verzehrt werden. Frauen, die nicht so oft und regelmäßig Fisch verzehren können oder wollen, wird empfohlen, ihre Ernährung durch Supplemente zu ergänzen.
Fettreiche Seefische sind zwar reich an DHA, häufig aber auch schadstoffbelastet
Fettreiche Fische wie Lachs, Hering, Thunfisch, Schwertfisch und Makrele sind besonders reich an DHA. Allerdings sind Raubfische wie Thunfisch und Schwertfisch sowie Fische aus der Ostsee stark mit Methylquecksilber und Dioxinen belastet.
Welche Erkenntnisse zu DHA gibt es im Zusammenhang mit Frühgeburten?
In Untersuchungen erhielten die Frauen in Kapselform entweder die Omega-3-Fettsäuren EPA (Eicosapentaensäure) und DHA, nur DHA allein oder ein Placebo-Öl. Es wurden die Daten zu Schwangeren insgesamt, zu Frauen mit normalem Risiko für Frühgeburtlichkeit oder zu Frauen mit einem erhöhten Risiko zur Frühgeburtlichkeit ausgewertet. Es konnte gezeigt werden, dass die Rate der sehr frühen, unreifen Frühgeborenen durch regelmäßigen Verzehr von Omega-3-Fettsäuren reduziert wurde.