Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind in den Industrieländern die häufigste Todesursache. Sie gelten als typische Zivilisationserscheinungen, im Wesentlichen bedingt durch Fehlernährung und Bewegungsmangel, was wiederum oft zu Übergewicht führt. Die weitgehende Vermeidung dieser Faktoren durch eine vernünftige Lebensweise ist sehr wichtig zur Vorbeugung. Zu einer angemessenen Ernährung gehört aber auch die optimale Versorgung mit Vitaminen und Spurenelementen. In diesem Zusammenhang rückt Vitamin D in letzter Zeit immer mehr in den Fokus der Wissenschaft.
Verengte Blutgefäße durch Arteriosklerose betrachtete man früher als mehr oder weniger zwangsläufige Alterserscheinung („Verkalkung“). Heute weiß man, dass diese Erkrankung ganz entscheidend von der Lebensweise abhängt und sich keineswegs zwangsläufig entwickelt. Ablagerungen an den Gefäßwänden mindern den Blutfluss, tragen zum ohnehin schädlichen hohen Blutdruck bei und können schließlich zum lebensbedrohlichen Verschluss des Gefäßes führen.
Mangelnde Bewegung, ungesunde Ernährung und Übergewicht sind neben Rauchen und Stress die hauptsächlichen Risikofaktoren für Arteriosklerose und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wer sich davor schützen will, sollte also seine Lebensweise entsprechend anpassen. Neuere Untersuchungen bestätigen dabei nicht nur alte Hausregeln („viel Bewegung an der frischen Luft!“), sondern bringen auch unerwartete Zusammenhänge ans Licht. So wird immer deutlicher, dass das den Calcium- und Phosphatstoffwechsel regelnde Vitamin D offenbar nicht nur für gesunde Zähne und stabile Knochen wichtig ist.
Wissenschaftler der Harvard School of Public Health in Boston untersuchten über 18.000 Männer im Alter zwischen 40 und 75 Jahren über einen 10-Jahres-Zeitraum. Dabei stellten sie fest, dass Männer mit einem niedrigen Vitamin-D-Plasmaspiegel öfter von einem Herzinfarkt ereilt wurden als die besser mit dem Vitamin versorgten Personen (1). Der Zusammenhang blieb auch dann noch deutlich sichtbar, wenn andere Faktoren wie familiäre Belastung, Alkoholkonsum, körperliche Aktivität, Bluthochdruck, ethnische Zugehörigkeit, Blutfettwerte und fischreiche Ernährung herausgerechnet wurden.
Ganz ähnliche Schlussfolgerungen zieht eine andere Erhebung an mehr als 3.000 Personen (Durchschnittsalter 62 Jahre), die sich über knapp 8 Jahre erstreckte. Die österreichischen Mediziner untersuchten auch bei ihren Patienten den Vitamin-D-Gehalt im Plasma. In der Gruppe mit den niedrigsten Vitamin-D Werten war das Risiko eines Herztodes mehr als doppelt so hoch wie in der Gruppe mit den höchsten Vitamin-D-Werten (2). Eine schlechte Vitamin-D-Versorgung ging in dieser Studie gleichzeitig einher mit hohen Werten für Entzündungsmarker (CRP und IL6). Wie der genaue Wirkungsmechanismus in diesen Fällen aussieht, ist zwar noch unklar. Die Autoren halten es aber für möglich, dass Vitamin D einer Arterienverengung entgegenwirkt.
Noch weiter geht eine Studie des New Yorker Albert Einstein College of Medicine. Die Wissenschaftler analysierten dabei die Daten von mehr als 13.000 gesunden Männern und Frauen aus der US-amerikanischen 3. National Health and Nutritional Examination Survey (NHANES III). Über einen Zeitraum von fast 9 Jahren verglichen sie die Gesamtsterblichkeit mit den Vitamin-D-Werten der Untersuchten. Auch hier zeigten sich bei überdurchschnittlich vielen Verstorbenen niedrige Vitamin-D-Spiegel. In der Gruppe mit den schlechtesten Werten war die generelle Sterblichkeit deutlich erhöht, unabhängig von der Todesursache (3). Prinzipiell sollte man vorsichtig sein bei der Interpretation dieser Daten, mahnen die Autoren. Gleichzeitig weisen sie aber auch darauf hin, dass kardiovaskuläre Vorfälle im Winter, also bei niedriger körpereigener Vitamin-D-Produktion, häufiger verzeichnet würden als im Sommer.
Vitamin D wird bei Sonnenlichteinstrahlung auf die Haut gebildet und ist unentbehrlich für den Zahn- und Knochenstoffwechsel. Es ist in erster Linie in Milch und Milchprodukten, Fleisch, Eigelb und fettem Fisch enthalten. Risiken für einen Vitamin-D-Mangel sind eine unzureichende Zufuhr von tierischen Lebensmitteln (z. B. Vegetarier), ungenügende UV-Exposition, chronische Darmerkrankungen und die Krankheit Osteoporose. Studien zeigen, dass in Deutschland neben Schwangeren und Stillenden insbesondere ältere Menschen Versorgungslücken aufweisen. Auch Migranten aus südlichen Ländern haben häufig zu niedrige Vitamin-D-Spiegel!
Die Ergebnisse der genannten und einer Reihe weiterer Untersuchungen werfen für viele Wissenschaftler die Frage auf, ob die bestehenden
Tagesdosis-Empfehlungen für Vitamin D überprüft und angehoben werden sollten. Sie gehen davon aus, dass die bisherigen Empfehlungen für das Vitamin von einer sehr optimistischen Einschätzung der allgemeinen Versorgungslage ausgehen. In vielen Studien hat sich gezeigt, dass sehr viele Menschen, vor allem ältere, bedenklich niedrige Vitamin-D-Werte aufweisen.
Wer gesund lebt und sich demgemäß ernährt, braucht normalerweise keine Angst vor zu niedrigen Vitamin-D-Werten zu haben. Ist aber eine dementsprechende Lebensweise nicht einzuhalten, kann es durchaus sinnvoll sein, seine Versorgung mit ergänzenden Präparaten sicherzustellen.
Quellen:
1) Giovannucci E et al.; 25-Hydroxyvitamin D and risk of myocardial infarction in men: a prospective study, Arch Intern Med 2008; 168(11): 1174-80.
2) Dobnik H et al.; Independent Association of Low Serum 25-Hydroxyvitamin D and 1,25-Dihydroxyvitamin D Levels With All-Cause and Cardiovascular Mortality, Arch Intern Med 2008; 168(12): 1340-49.
3) Melamed M L et al.; 25-Hydroxyvitamin D Levels and the Risk of Mortality in the General Population, Arch Intern Med 2008; 168(15): 1629-37.