Mit dem Herbst kommen Erkältungen, Schnupfen und fiebrige Infektionen. Als nahezu universelles Mittel zur Vorbeugung gegen solche Plagen galt lange Zeit Vitamin C. Seit einiger Zeit ist dessen breite Wirksamkeit gegen Erkältungen jedoch umstritten, es ist auch schon mal die Rede von einem Mythos, dem man jahrzehntelang aufgesessen sei. Ein Blick auf die Fakten stellt allerdings klar, dass die bisherigen Forschungsergebnisse weiterhin Bestand haben.
Vitamin C ist ein typisches Frischevitamin, wir führen es uns vor allem mit naturbelassenen Früchten und sonstiger pflanzlicher Rohkost zu. Etwas anderes bleibt uns auch gar nicht übrig, denn der Mensch hat wie die meisten Säugetiere im Laufe der Evolution die Fähigkeit verloren, es selbst im Körper zu bilden. Ascorbinsäure, so die chemische Bezeichnung, ist für zahlreiche Stoffwechselvorgänge unentbehrlich, ein Mangel kann zu schwerwiegenden Erkrankungen und im Extremfall zum Skorbut führen. Der menschliche Organismus benötigt Vitamin C abgesehen vom Immunsystem auch zur Synthese des Kollagens, von Hormonen, für die Resorption von Eisen, für Wundheilungsvorgänge, bei der Entgiftung toxischer Stoffwechselprodukte und vielem anderen mehr.
Als Antioxidans kann Ascorbinsäure vor aggressiven freien Sauerstoffradikalen schützen, die bei verschiedenen Krankheiten im Spiel sind. Eine Vitamin-C-reiche Ernährung schützt bis zu einem gewissen Umfang unter anderem vor arteriosklerotischen Gefäßveränderungen (umgangssprachlich: Verkalkung), vor grauem Star und auch bei manchen Krebserkrankungen. Der Schutz bei Erkältungskrankheiten besteht vor allem darin, dass solche Infektionen kürzer und weniger schwer verlaufen. Bei hoch dosierten Vitamin-C-Gaben (>1g/Tag) hielten die Erkrankungen nicht so lange an und die Symptome waren deutlich schwächer ausgeprägt. Der Effekt war abhängig von der Dosis und der Anwendungsdauer. Wenn nur zu Beginn der Erkältung verabreicht wurde, fiel der Schutz wesentlich schwächer aus. Wie Vitamin C in diesem Zusammenhang genau wirkt, ist noch nicht geklärt. Sicher ist aber, dass bei Erkältungen der Vitamin-C-Spiegel in den Leukozyten (den weißen Blutkörperchen) abfällt. Weiterhin wird diskutiert, dass Vitamin C auch eine direkt inaktivierende Wirkung auf Bakterien und Viren hat, aber auch dieser Mechanismus ist noch unklar.
Angesichts der vielfältigen positiven Auswirkungen einer guten Vitamin-C-Versorgung kann Ascorbinsäure bei Erkältungskrankheiten auf jeden Fall empfohlen werden. Denn Vitamin C kann der Körper nicht lange speichern; eine kontinuierliche Zufuhr ist daher umso wichtiger. Es ist ein einfach anzuwendendes preiswertes Mittel, mit dem sich die Beschwerden deutlich lindern lassen. Menschen mit einem schwachen Immunsystem können damit auch weitergehende Komplikationen vermeiden. Mit reichlich frischen Früchten, Fruchtsäften oder auch Präparaten für eine höhere Dosierung lässt sich ein gesteigerter Bedarf zwar leicht decken. Eine Zufuhr im Bereich von 1 g/Tag wird jedoch nur schwer über die normale Ernährung erreicht. Hier kann dann auf hochdosierte Präparate aus der Apotheke zurückgegriffen werden. Dabei sollte aber darauf geachtet werden, dass das Vitamin C zeitverzögert abgegeben wird, damit es vom Körper auch gut aufgenommen werden kann.
* Quellen:
Weber P; Vitamin C und Erkältungskrankheiten. In: Vitamine. Physiologie, Pathophysiologie, Therapie. 1st ed.; Biesalski HK, Schrezenmeir J, Weber P, Weiß H (Hrsg.) Thieme Verlag, Stuttgart. 1997; 359-361.
Weber P; Vitamin C. In: Biesalski HK (Hrsg.): Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe. Thieme Verlag, Stuttgart. 2002; 57-69.
Bässler KH et al.; (Hrsg.) Vitamin-Lexikon. Urban & Fischer Verlag, 3. Aufl. München. 2002; 243-268.
Simasek M, Blandino DA; Treatment of the common cold. Am Fam Physician. 2007, Feb 15; 75(4):515-20.